Die Luftfahrtbranche umfasst nicht nur Fluggesellschaften, die Passagierflüge durchführen – sie beinhaltet vielmehr alle Aspekte des Fliegens, vom Flughafenbetrieb über die Konstruktion von Triebwerken bis hin zur Luftfracht. Entgegen den Erwartungen ist die Nachfrage nach Privat- und Geschäftsreisen seit der Pandemie deutlich gestiegen. Das Marktumfeld ist jedoch von Problemen in der Lieferkette und anhaltenden Sicherheitsbedenken geprägt, die zu Groundings von Flugzeugen führen. Wer sind die Hauptlieferanten für diese Triebwerke? Und wie wirkt sich das Boeing-Airbus-Duopol auf den aktuellen Flugzeugmangel aus? Der Lufthansa-Konzern hat im vergangenen Jahr dank höherer Ticketpreise Gewinne erzielt, doch die Unzufriedenheit der Kundinnen und Kunden sowie der Mitarbeitenden hinterlässt Spuren.
Triebwerke
Die Entwicklung und Konstruktion von Strahltriebwerken ist ein hochkomplexer Prozess, der eine enge Abstimmung mit dem jeweiligen Flugzeugtyp erfordert. Der Markt wird aktuell von GE Aerospace (GE), dem amerikanischen Hersteller Pratt & Whitney und Rolls-Royce dominiert. GE bietet einerseits Triebwerke an, die spezifisch für ein Flugzeugmodell entwickelt werden, aber auch solche, die in mehreren ähnlichen Flugzeugtypen eingesetzt werden können. Seit 1974 kooperieren die GE-Muttergesellschaft General Electrics und der französische Triebwerkshersteller Safran im Joint Venture CFM International, das heute sehr erfolgreich ist. So stellt CFM zum Beispiel die Triebwerke CFM56 und LEAP her, die in den Schmalrumpfflugzeugen Airbus A320 und Boeing 737 eingebaut werden. CFM56 zählt zu den meistverkauften Triebwerken der Welt und wurde bereits über 33'000-mal ausgeliefert. Die verschiedenen CFM56-Varianten sind die bevorzugte Wahl der Flugzeughersteller, wobei CFM bei Boeing teilweise als Alleinlieferant auftritt und bei Airbus einen Lieferanteil von über 60% hat. Mit der steigenden Nachfrage nach Schmalrumpfflugzeugen dürfte GE somit gut positioniert sein.
Flugzeuge
In der Verkehrsflugzeugindustrie wird der Markt vom Duopol von Boeing und Airbus beherrscht. Boeing steht seit einiger Zeit wegen Sicherheitsbedenken auf dem Prüfstand. Im vergangenen Januar führte der Bruch des Türpfropfens bei einer Boeing 737 Max nach dem Start in Alaska dazu, dass die Tür während des Flugs herausfiel. Dieser Zwischenfall verlief zwar glimpflich, doch nach dem Absturz von zwei 737-Max-Maschinen in den Jahren 2018 und 2019 aufgrund eines Softwarefehlers sind die Bedenken nach wie vor gross.
Auch der Konkurrent Airbus hatte in den vergangenen Jahren mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Der Konzern hat die Nachfrage nach Grossraumflugzeugen, insbesondere nach sogenannten Superjumbos, überschätzt. Daher stellte Airbus die Produktion des Superjumbos A380 im Jahr 2019 ein. In jüngster Zeit hat sich die A320neo von Airbus aufgrund der Treibstoffeffizienz als wettbewerbsfähig erwiesen. Im direkten Vergleich mit Boeings 737 Max kommt der Flugzeugtyp von Airbus auf einen Marktanteil von rund 60%. Allerdings profitiert Airbus dabei vom Flugverbot, das für die Boeing-Maschinen verhängt worden ist. Aufgrund von Problemen mit den Triebwerken von Pratt & Whitney mussten kurzzeitig auch Airbus-A320neo-Flugzeuge aus dem Verkehr gezogen wurden. Dieses Risiko scheint nun grösstenteils gebannt zu sein. Beide Anbieter profitieren derzeit von der hohen Nachfrage nach Fluggesellschaften und können aufgrund des allgemeinen Flugzeugmangels einen Aufschlag verlangen.
Passagiere
Die Luftfahrtunternehmen stellen sich in der Regel auf die Sommersaison und die damit verbundene Reisenachfrage ein. Dieses Jahr stehen sie jedoch vor einer Herausforderung, da es an Flugzeugen mangelt. Die Konzerne haben daher massiv in die Reparatur älterer, weniger treibstoffeffizienter Flugzeuge investiert. Zudem werden im Durchschnitt weiterhin mehr als 50% der Flotten geleast, obwohl die Kosten gemäss der Financial Times bereits höher liegen als vor der Pandemie. Damit wollen die Airlines der steigenden Reisenachfrage gerecht werden. So soll die Zahl der Flugpassagiere im laufenden Jahr auf 4.7 Milliarden steigen, meldet die Economic Times, nachdem 2019 4.5 Milliarden Passagiere befördert wurden.
Die deutsche Lufthansa, zu der unter anderem die Fluggesellschaften Swiss International Airlines, Austrian Airlines und der Billigflieger Eurowings gehören, steht derzeit vor mehreren Herausforderungen. Die Gruppe hat nicht nur ihren Status als 5-Sterne-Airline verloren, sondern hat auch mit der Unzufriedenheit ihrer Kundinnen und Kunden zu kämpfen. Als Messgrösse für die Kundenzufriedenheit dient der Net Promoter Score (NPS), der sehr positive Bewertungen mit denjenigen von unzufriedenen Kunden ausgleicht. Ein Wert von über 50 gilt als Richtgrösse, wobei die Skala von –100 bis +100 reicht. Während die Premiumanbieter der Lufthansa-Gruppe vor der Pandemie die Zielgrösse von 50 erreicht hatten, liegen die Werte derzeit lediglich noch bei rund 30. Zum Vergleich: Wettbewerber Air France-KLM erzielte 2023 nach eigenen Angaben einen NPS von 39. Ursachen für die unzufriedenen Lufthansa-Passagiere sind unter anderem die fehlenden Premium-Dienste sowie die höheren Preise. Zwar hat es die Erhöhung der Ticketpreise der Fluggesellschaft ermöglicht, 2023 rentabel zu sein, um jedoch weiterhin erfolgreich zu sein, investiert die Geschäftsleitung nun in die Verbesserung der Kundenzufriedenheit. Allerdings sind auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unzufrieden: Aufgrund der jüngsten Streiks musste die Fluggesellschaft ihre Gewinnprognose für 2024 senken.
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