Die Welt des Luxus verändert sich ständig. Die einstige Nische, die lediglich Vermögenden vorbehalten war, bietet heute Produkte für die breite Masse an. Doch im Kern geht es bei Luxusgütern darum, Exklusivität und Status zu vermarkten. Wie kann die Luxusindustrie also die Kaufkraft der breiten Masse nutzen und gleichzeitig eine sehr vermögende Kundschaft bedienen?
Die ökonomische Theorie besagt, dass die Nachfrage nach einem Gut mit steigenden Preisen üblicherweise abnimmt. Es gibt jedoch Ausnahmen von dieser Regel. Ein Beispiel ist der sogenannte Veblen-Effekt, der nach dem US-Ökonomen Thorstein Veblen benannt ist. Demnach gibt es Güter, bei denen der Zusammenhang zwischen Preis und Nachfrage genau umgekehrt ist: Steigt der Preis eines solchen Produkts, das auch als Veblen-Gut bezeichnet wird, gewinnt es an Exklusivität und Qualität – und wird damit für die Konsumentinnen und Konsumenten attraktiver. Dieser Mechanismus lässt sich bei Luxusgütern beobachten.
Der globale Markt für persönliche Luxusgüter wie Taschen, Kleidung und Schmuck erreichte 2023 gemäss Schätzungen des Beratungsunternehmens Bain & Company ein Volumen von mehr als USD 360 Milliarden. Damit hat sich die Branche vom Rückschlag erholt, den die Corona-Pandemie verursacht hatte.
Doch Luxus ist nicht gleich Luxus: Die Meinungen darüber, ob luxuriöse Produkte ein auffälliges Logo haben müssen oder ob sie eher einen unverwechselbaren Stil haben sollen, der nur vom geübten Auge erkannt wird, gehen weit auseinander. Die beiden Variante werden auch als «Loud Luxury» und «Quiet Luxury» bezeichnet.
Laute Logos und stille Eleganz
Eine wichtige Zielgruppe für lauten Luxus verbirgt sich hinter dem Akronym HENRYs (High Earners Not Rich Yet). Dabei handelt es sich um Konsumentinnen und Konsumenten, die ein hohes Einkommen erzielen, jedoch kaum über Vermögen verfügen. Häufig werden sie daher auch als «Working Rich» bezeichnet. Dieses Kundensegment gilt als ausgabefreudig und hat zudem das Potenzial, im Laufe der Zeit ein Vermögen aufzubauen. Auch bei der wohlhabenden Bevölkerung im asiatischen Raum ist lauter Luxus beliebt. Um diese Kundengruppen anzusprechen, bietet etwa die LVMH-Marke Louis Vuitton Handtaschen mit auffälligem Logo an, so dass der Luxuskauf auch für Aussenstehende sichtbar wird.
Mit der steigenden Anspruchshaltung der Kundinnen und Kunden wächst oft auch der Wunsch nach weniger auffälligen Luxusartikeln, die sich durch Zurückhaltung und hohe Qualität auszeichnen. Viele Labels, darunter Louis Vuitton, bieten daher Produkte mit dezenterem Design an.
Natürlich sind Modetrends immer auch dem aktuellen Zeitgeist unterworfen. Dabei haben soziale Medien wie Instagram und Tik Tok in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen und beispielsweise dem Trend zu «Old Money» zu Popularität verholfen. Dieser Modestil zielt darauf ab, die Garderobe wohlhabender Familiendynastien zu imitieren. Im Zentrum stehen dabei Eleganz, Minimalismus und Tradition, also «Quiet Luxury» – durch diese Aufmerksamkeit wird allerdings auch leiser Luxus immer sichtbarer. Diese Entwicklung stellt die Luxusbranche vor ein Dilemma, denn während sie die Nachfrage der Masse nutzen will, muss sie gleichzeitig das Gefühl der Exklusivität bewahren.
Werben um gut betuchte Kundschaft
Luxuskonzerne verfolgen verschiedene Strategien, um die Einzigartigkeit ihrer Marke zu vermitteln. Zu den Vorreitern zählt das französische Traditionshaus Hermès, das Handtaschen in limitierter Auflage produziert, die nur für treue Kundinnen und Kunden erhältlich sind. Die Lederprodukte werden gemäss Unternehmensangaben von Hand genäht und in Frankreich hergestellt, was wiederum die Premiumpreise rechtfertigen soll.
Seit der Coronakrise haben zahlreiche Luxuskonzerne ihre Preisstrategie angepasst und sich dabei an Vorbildern wie Hermès orientiert. So hat etwa das französische Modehaus Chanel die Verfügbarkeit seiner beliebten «Classic Flap»-Handtaschen reduziert und die Preise gegenüber dem Vorkrisenniveau nahezu verdoppelt, wie das Wall Street Journal schreibt. Aber auch Boutiquen, die nur für geladene Gäste zugänglich sind, sollen exklusive Einkaufserlebnisse für sehr wohlhabende Kundinnen und Kunden bieten. Diese Strategie verfolgt die LVMH-Tochter Dior in Peking, wo sie gemäss Berichten der chinesischen News-Plattfrom Jing Daily während der Corona-Pandemie VIP-Salons eröffnete.
Neben diesen Massnahmen sind die Luxuskonzerne bestrebt, Kundinnen und Kunden, die sich für Produktfälschungen entscheiden, vom Original zu überzeugen. Dazu benötigen sie jedoch zuverlässige Methoden, um die Echtheit der Luxusprodukte zu gewährleisten – für die Luxusbranche hat es oberste Priorität, dass ihre Waren Veblen-Waren bleiben.
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